Der Bestand meines duftigen Waldmeisters ist in diesem Trockenjahres stark ausgedünnt. Der Meister des Waldes schwächelt. Ich entnehme mir darum nur ein Sträußchen. Die vergangenen Jahre verwandelten sich die grünen Quirle zu Sirup, zur Bowle oder dienten einfach zum Schnuppern.
Das Duftkraut
Er kann doch nicht von mir gehen! Der Waldmeister riecht so gut. Er muss bleiben. Mit seinem botanischen Namensanteil „odor“ geht er die Verpflichtung ein, zu duften.
Wie oft fächere ich mir eine Handvoll Duft zu. Neben den Pflänzchen hockend, wedele ich mir eine Duftwolke zu und drücke zart meine Hand in die Pflanzenansammlung. Dies funktioniert vom Frühling bis zum ausklingenden Herbst.
Das Sammeln im Wald ist mit Kenntnis verbunden. Vor Jahren passierte es mir, dass ich Labkraut mit Waldmeister verwechselte. Die Pfälzer-Kusine schüttelte den Kopf und meinte: „Neihein!“ Denn das Labkraut sieht zwar blattmäßig wie Waldmeister aus, bildet aber lange Triebe, die klebrig und klettig sind. Darum zerreiben wir am besten ein Blatt zwischen den Fingern: Es muss nach Frische riechen, wie die Grüne Weiße riecht, das junge Berliner Bier.
Die Pflanze
Wahrscheinlich ist der Sandboden meines Gartens gar nicht nach seinem Gusto. Auch der Rosenwaldmeister unter dem immergrünen Strauch ging gleich nach dem Jahr der Pflanzung für immer von mir. Was kann ich denn noch tun, damit es ihm gut geht? Waldmeister wächst vorrangig in Buchenwäldern. Zumindest den Ausblick auf die mächtige Nachbarbuche gewähre ich ihm schon. Dafür akzeptiere ich im Herbst die zahlreichen herübergewehten Bucheckern in meinen Beeten.
Oder teilt er nicht gern? Sein Schattenplätzchen in Höhe der Eingangstür muss er sich mit Efeu und Segge teilen. Mag sein, dass ihm dies auf die Wurzeln geht. Der am meisten Tatverdächtige am mickrigen Wachstum des Waldmeisters ist allerdings der Straßenbaum. Die Linde! Riesig, durstig und schattenwerfend könnte sie die alles Verzehrende sein. Was bleibt zu tun? Gießen und Nährstoffe verteilen!
Die Blattquirle sitzen zu sechst oder acht an den bizarren langen Trieben. Diese werden aus dem Wurzelstock gebildet. In der Blütezeit schmücken sie sich mit winzigen weißen Sternchen aus je vier Blütenblättern. „Trichterblumen“ heißen sie auch. Die Samen entwickeln sich im Sommer. Sie tragen kleine Stacheln, die sich an Tiere heften und dadurch verbreiten.
Nutzen der Pflanze
Wir sammeln den Waldmeister am besten vor der Blüte. Dann ist sein Aroma am intensivsten.
Wegen seiner Besonderheit mag ich den Waldmeister so: Erst als Trockenkraut entfaltet er seinen Duft. Erst mit der Welke ist sein Aroma am stärksten. Was mich zur Feststellung bringt, dass erst die Reife im Abgang, also im erweiterten Sinne das Alter, die Qualität der gehobenen Art bietet.
Volksname
Früher diente der Waldmeister als Mottenmittel. Gibt´s die noch, die Kleidermotten? Wahrscheinlich waren sie die übersinnlichen Flatterwesen.
Der Volksglaube meinte, dass Hexen mit Waldmeister, Johanniskraut und Poleiminze vertrieben werden könnten. Früher hatte das Kraut noch magische Kräfte: Legte man sich dazwischen, war man mit dem Meister des Waldes im Verbund, denn beim Trocknen entfaltet das Kraut seine magischen Kräfte, die vor Zeiten noch Hexen und Geister fernhalten konnten.
Die Volksnamen sagen uns, dass er für die Gesundheit allerhand zu bieten hat: Herzfreund und Leberkraut, auch Wald-Tee heißt er.
Inhaltsstoffe des Waldmeisters
Zum Trocknen des Krautes schneide ich es im Frühjahr mit Blättern, Knospen und Blüten, bündele es und hänge es an einem luftigen, dunklen Ort zum Trocknen auf.Die Inhaltsstoffe des Waldmeisters sind Bitterstoffe, Gerbstoffe und Cumarine. Bitterstoffe brauchen wir immer, denn aus unserer Supermarktnahrung sind viele ursprünglich vorhandene Bitterstoffe herausgezüchtet worden. Glykoside hat er auch. Cumarin verursacht den typischen Duft. Es hilft in geringen Dosen bei Kopfschmerz und Migräne, und verkehrt seine Wirkung bei hohen Dosen – dann verursacht er nämlich Kopfschmerzen. Auch die Blutgerinnung wird vermindert, das heißt, bei Gebrauch fließt das Blut, bei Wunden jedoch gerinnt es schlechter.
Wir sind also vorsichtig! Schwangere sollen gänzlich auf den Gebrauch verzichten.
Küchenkraut und Heilkraut
Zum Trocknen des Krautes schneide ich es im Frühjahr bis zum Blühen kurz über der Erde ab. Danach bündele ich es und hänge es an einem luftigen, dunklen Ort zum Trocknen auf.
Seine Inhaltsstoffe können wir geschmacklich genießen in der bekannten Mai Bowle. Auch eine Tasse Tee pro Tag hilft bei Verdauungsbeschwerden.
Das Kraut hilft beim Einschlafen und bei Kopfschmerzen, die durch Stress verursacht werden.
Waldmeister löst Krämpfe, vor allem im Verdauungssystem.
Ein Tee oder ein Aufguss wirkt gefäßstärkend und hilft bei Venenschwäche.
- Waldmeister Tee sollte über maximal 2 Wochen getrunken werden, dann auch nur 1-2 Tassen pro Tag: Er wird im Frühjahr als Tee zur Blutreinigung verwendet, auch bei Durchblutungsstörungen.
- Waldmeisterlimonade
- Waldmeister-Bowle
- Zur geschmacklichen Abrundung von jungen Bier wird Waldmeister im Berliner Raum unter der Bezeichnung „Berliner Weiße“ grün verkauft und bekommt einen Schuss Waldmeister Sirup versetzt. Die Variante „Berliner Weiße“ rot bekommt einen Schuss Himbeer Sirup.
- Waldmeister kann als Inhalt von Kräuterkissen verwendet werden.
- Blätter und Blüten entspannen als Aufguss für ein Fußbad.